Bratwurst selbstgemacht – erste Experimente

Es ist soweit, wir wollen das erste Mal unsere Bratwurst selber wursten. Als Equipment steht eine KitchenAid Küchenmaschine mit Fleischwolf-Aufsatz zur Verfügung, zum Füllen werden die passenden Tüllen (Wurstfüllhorn) aufgesetzt und auch Naturdarm steht bereit.

(Update: In 2014 haben wir wieder gewurstet und auch neue Rezepte ausprobiert: Salsicca, Merguez und nochmal die Rheinische)

Wir haben uns drei Rezepturen ausgesucht, zwei klassische (Thüringer und Rheinische) sowie eine experimentelle.

Naturdarm, kurzer Exkurs

Naturdärme werden gereinigt und vorbehandelt verkauft. Der Preis bestimmt sich aus Tierart, Länge, Qualität und Kaliber.
Es werden sowohl die Dünn- als auch die Dickdärme verwendet und jede Darm-Tier-Kombination hat einen eigenen Namen. Bei den Dünndärmen: Rind=Kranzdarm, Schwein=Enger Schweinedarm, Schaf=Saitling. Bei den Dickdärmen gibt es noch Unterscheidungen bei den Abschitten. Beim Rind: Butte (oder auch Kappe oder Spitze) sowie Mitteldarm, Schlossdarm. Beim Schwein: Butte (oder Kappe) sowie Krausedarm als auch Fettende, Fettdarm, Schlacke.
Der Saitling kommt vom Schaf, hat diesen wursttypischen Knack, soll aber auch leichter platzen können, also schwieriger im Handling sein. Wir haben uns dennoch für den Saitling entschieden.
Schafsdärme werden in „Hanks“ konfektioniert (man lernt immer wieder etwas Neues: 1 Hank = 100 Yards = 91,44 Meter), es gibt sie aber auch in kleineren Portionen über das Web oder beim guten Fleischer.
Qualität A postuliert keine Löcher oder Schwachstellen und ist auch für feinste Füllungen geeignet, Qualität B steht für akzeptable Stärke und Qualität.
Das Kaliber gibt den Durchmesser des Darms an. Das hängt natürlich von der Größe des Tieres ab. Wir haben so ziemlich das größte Schafskaliber gewählt „26/28“, größere gibt es eigentlich nur vom Schwein. Das Kaliber passt übrigens perfekt zur großen KitchenAid Fülltülle.
Därme gibt es in drei Verpackungsformen: trocken gesalzen (die müssen schon am Vorabend gewässert werden), füllfertig (kurz spülen, warm wässern und los geht’s) oder getubt (auf Rohre voraufgezogen).
Handhabung: Die füllfertigen Därme sollten in lichtdichter Verpackung im Kühlschrank gelagert werden und halten sich in der Salzlake ca. 6 Monate (MHD beachten). Werden welche entnommen, die Dose mit abgekochtem kalten Wasser und ordentlich Salz wieder auffüllen. Das Aufteilen ist bei uns leider in einem großen Knoten geendet, so dass wir doch fast alle wässern mussten, dann werden sie flutschig und entknoten sich (meistens). Angeblich können nicht gebrauchte aber bereits eingeweichte Naturdärme problemlos nur mit Siedesalz konserviert werden. Wie lange sie dann noch haltbar sind und ob das wirklich klappt, hab ich noch nicht probiert, den Tipp bekam ich erst später.
Exkurs-Ende.

Unser Einkauf: Ein Hank füllfertiger Schafs-Saitling des Kalibers 26/28 mit Qualität 1A in Salzlake.

Okay, also los geht’s.

Zuerst spülen und wässern wir die Saitlinge in handwarmen Wasser.

Fleisch für den Wolf vorbereiten
Jetzt wird das Fleisch von Knochen, Knorpeln, Schwarte und Sehnen befreit und kleingeschnitten. Meist heißt es „würfeln“ aber längliche Streifen sind praktischer, der Wolf zieht die ein. Die Sehnen wirklich gründlich entfernen, da sie sich sonst um die Antriebswelle vom Messer des Fleischwolfs wickeln und diesen zum Stillstand bringen. Wir haben für jede Wurstsorte eine eigene Schüssel benutzt, in die wir die Fleischstücke abgewogen und aufgeteilt haben, dann sofort wieder in die Kühlung.

Nun kommen die Gewürzmischungen dran. Es lohnt sich frische Kräuter und Gewürze im Ganzen zu kaufen. Ein massiver Mörser hilft beim Zerpulvern der ganzen Gewürze. Der Duft ist wahnsinn, das schafft kein Pulver. Bei unserer Experimentalwurst kamen auch frische Aromaten mit rein (Zwiebel, Knoblauch, Petersilie).

Die Fleischstücke mit der jeweiligen Gewürzmischung vermengen und noch etwas im Kühlschrank „marinieren“ lassen. Das Fleisch kann sogar ganz leicht angefrostet werden, um der beim Wolfen entstehenden Wärme entgegenzuwirken.

Das Wolfen und Durchmengen
Die erste Fleischmischung haben wir durch die grobe Scheibe der Kitchenaid gewolft (PS: auf Stufe 4 der Kitchenaid). Es war uns aber doch noch zu grob, so dass wir es nochmal durch die grobe Scheibe durchgedreht haben. Die folgenden zwei Ansätze haben wir dann durch die feine Scheibe gegeben.

Ist das Fleisch gewolft, muss es intensiv durchmengt werden, dadurch wird Eiweiß gelöst und es entsteht eine Art Klebeeffekt für die notwendige Bindung. Das ist echt wichtig, da die Wurst sonst später zerbröselt. Also ab in die Rührschüssel, Knethaken drauf und 5 Minuten kneten lassen. Kann man aber auch schweißtreibend mit der Hand machen. Aber Achtung: Übertreibt man es, wird die Fleischmasse schmierig und ist quasi zerstört.

Vor dem Abfüllen erneut in den Kühlschrank und abkühlen, gern auch wieder im Eisfach. Wir haben jetzt erst die weiteren Sorten gewolft.

Den Wolf zwischendurch von Fleischresten befreien, reinigen, Messer und Lochscheibe entfernen, den kleinen weißen Halter und die große Fülltülle anbauen.

Probieren
Ach ja, ganz wichtig: Die Brätmassen dürfen jetzt noch kurz probiert werden. Dazu etwas abnehmen, zur Bulette formen und ab in die Pfanne. Was hier schmeckt, schmeckt auch in der Wurst und was nicht schmeckt… erspart Euch das Einwursten.

Das Füllen der Würste
Die Därme jetzt noch mal kurz spülen und in warmes aber nicht zu heißes (unter 40°C) Wasser umbetten, damit sie flexibel und geschmeidig werden. Dabei muss mann immer zusehen, dass man die Anfänge nicht aus den Augen verliert. Sorry, aber ich muss es sagen: Das sind kleine, flutschige Scheißerchen… Zum Auffädeln auf die Tülle den eingeweichten Darmanfang zwischen zwei Fingern ausbreiten, um die Öffnung zu finden, dann versuchen, mit der Zeigefingerspitze vorsichtig reinzugreifen und etwas Wasser einlaufen lassen (die ‚Blase‘ hilft beim Entfädeln), dann bekommt man den Ansatz irgendwie doch auf die Tülle. Nun der Länge nach den gesamten Darm auffädeln, ist ähnlich wie mit einem Kondom – sieht auch etwas so aus.

Das Hackfleisch in den Füller zu bekommen geht einfacher und luftblasenfreier, wenn man es vorher in handliche Bällchen in Größe des Einfüllstutzens portioniert. Nun die Maschine anwerfen, bis die Tülle bis zum Auslass gefüllt ist. Jetzt erst den Darm davor verknoten, so wird eine Luftblase vermieden. Überhaupt solltet ihr langsam nachfüllen (gleichmäßigen Druck auf den Einfüllstutzen und die Kitchenaid auf kleines Tempo) und versuchen, Lufteinschlüsse zu vermeiden, denn darin kann sich Fett sammeln und beim Erhitzen den Darm platzen lassen oder beim Einfrieren kann sich ein Eisklumpen bilden, der die Bindung der Wurst sprengen könnte. Kommt es doch zu einem Lufteinschluss, einfach kurz mit einer feinen Nadel einstechen.
Zum Füllen ist ein zweites Paar Hände echt hilfreich, ein Wurstmeister füllt oben nach, der zweite ist am Auslass und verteilt durch leichtes Drücken das ausströmende Brät gleichmäßig im Saitling und sorgt zudem für das gleichmäßige Abwickeln des aufgefädelten Naturdarms. Eigentlich (wenn er geschmeidig und feucht genug ist) rutscht er nach und nach automatisch von der Tülle, ab und an muss man aber doch mal nachhelfen. In diesen Momenten, oder wenn der Darm platzt weil zuviel Füllung auf einen Schwung rauskommt, muss der Befüller schnell den Ausschalter betätigen. Erstaunlich aber wahr: bei uns ist nur einmal ein Darm gerissen und zwar der vorletzte. Das Wasser, in dem er gelagert war, war mittlerweile kalt und damit hat er Geschmeidigkeit verloren. Wir haben warmes Wasser zugegeben, kurz gewartet und dann lief es wieder wie geschmiert. Rückblickend war es schwerer, den Saitling auf dem Füllhorn aufzufädeln, als ihn zu befüllen.

Macht die Würste nicht zu prall, dann können sie zu schnell platzen. Außerdem müssen noch aus der großen Wurst die einzelnen Würstchen abgedreht werden. Dazu drückt man immer dort wo abgedreht werden soll einen ca. 2cm breiten Streifen zwischen zwei Fingern platt und schiebt quasi das Brät zur Seite. Am Anfang und Ende anfassen und die Wurst mit Schwung zum Körper schwingen, so werden die Enden verdreht. Die nächste Wurst in die andere Richtung drehen und so weiter.

Essen / Lagern
Die frischen Würstchen gleich wieder für die Verwendung am gleichen Tag in den Kühlschrank, in den Tiefkühler für den Verzehr in den nächsten paar Wochen.

Zudem gibt es noch die Option, die Würste zu brühen, also in einen Topf voll Wasser ca. 20 Minuten bei 65°C (Kesselthermometer verwenden). Das Brühen tötet die Keime, die beim Herstellen entstanden sein können und lässt einen die Würste auch ohne sie einzufrieren am Folgetag verspeisen. PS: Es gibt ja die berühmte Hackfleischverordnung, die u.a. fordert, das Hackfleisch nur am Tag der Produktion verkauft werden darf, denn durch die Vergrößerung der Oberfläche entsteht ein idealer Nährboden für Bakterien.

Wir haben ja experimentiert, also haben wir alle Sorten roh als auch gebrüht probiert (s.u.). Wir sind beim Wursten großzügig mit den Saitlingen umgegangen und die Würste haben wir nicht ganz einheitlich in Dicke und Länge hinbekommen, darum nehmt die folgenden Ergebnisse (Menge der produzierten Würste bei eingesetzter Fleischmenge) ldiglich als grobe Richtwerte (etwas Masse ist ja auch noch den diversen Geschmacktests zum Opfer gefallen).

 

 

Unsere drei Rezepturen

 

Rostbratwurst Thüringer Art

900g frischer Schweinebauch
800g Rindernacken
28g Kochsalz
3g weißer Pfeffer, gemahlen
2g Muskatblüte
0,5g Kardamom
2g Kümmel, gemahlen
2g Majoran

Eigentlich wird Kalbsnacken benutzt, der ist aber deutlich teurer und so extrem ist der geschmackliche Unterschied beim Zerhacken und mit Schwein vermischen nicht. Die Menge reicht für ca. 25 Würstchen und verbraucht etwa 6-7 Meter Darm. Diese Mischung haben wir zweimal durch die grobe Scheibe gewolft.

Beim Vergleichsessen hat uns die rohe Version minimal besser gefallen. Allerdings kann man für die rohe Version etwas weniger Salz benutzen, da hier die Würzung intensiver schmeckt. Durch das Brühen lässt die Salzigkeit nach und ist richtig gut. Die gebrühten Würste sind in der Konsistenz fester, die rohen körniger/fluffiger.

 

Bratwurst nach Rheinischer Art

1000g magere Schweineschulter
670g frischer Schweinebauch
35g Kochsalz
4g weißer Pfeffer, gemahlen
1g Muskatblüte
Schalenabrieb von 1 Zitrone

Das Fleisch haben wir durch die feine Scheibe gewurstet. Die Menge reicht für 22 Würstchen und verbraucht ca. 6 Meter Darm.

Bei dieser Version hat uns -trotz der festeren Konsistenz- die Brühwurst etwas besser gefallen, da sich das dezente Zitronenaroma besser entfaltet und eine schöne Frische einbringt.
Die Rohversion war uns hier zu salzig.

 

Pikante Würstchen (experimentell)

350g magere Schweineschulter
450g frischer Schweinebauch
1TL geräucherter Paprika
1TL Chiliflocken
1TL Pul Biber (oder rosenscharfer Paprika)
20g Salz
3g weißer Pfeffer, gemahlen
3-5 Knoblauchzehen
1/2 Zwiebel
1/2 Bund glatte Petersilie
2EL Olivenöl

Vorsichtig mit dem geräucherten Paprika, der kommt extrem durch und mutet an wie Chorizo. Wir hatten etwas zu viel drin, die Mengenangabe ist hier schon modifiziert.

Zwiebel und Knoblauch schälen, grob schneiden und zu den Fleischstreifen geben, ebenso die grob gehackte Petersilie. Das Olivenöl erst nachher beim Durchkneten (Bindung erreichen) zugeben.

Auch hier haben wir die feine Scheibe gewählt. Mit ca. 4-5 Metern Darm haben wir 17 Würstchen produziert.

Die Brühversion war wie bei den beiden Klassikern fester in der Konsistenz, aber auch die Schärfe vom Chili kam deutlicher raus. Aufgrund der fluffig, körnigen Konsistenz haben wir hier die rohe Version knapp vorne gesehen.

 

FAZIT:

Es dauert Stunden! Aber es lohnt sich absolut und immer wieder!

Das Handling der Därme braucht schon viel Zeit. Es lohnt sich, gleich eine größere Menge Würste zu produzieren. Die Würste lassen sich prima einfrieren (lieber viele kleine Portionen) und in den nächsten Wochen verbrauchen.

Absolut genial: Man weiß genau, was in der Wurst ist. Die frischen Aromen sorgen dafür, dass wir die Würste fast ohne Soßen, Ketchup oder Senf gegessen haben.

Der Unterschied zwischen roher und gebrühter Version ist nicht groß, die Aromen sind dezenter nach dem Brühen, die Konsistenz etwas fester. Vorteil beim Grillen: die gebrühte Wurst ist schon gar, sie muss nur kurz Röstaromen und Temperatur nehmen und braucht auf einem zu heißen Grill nicht fürs Durchgaren zu verbrennen.

Und gerade nach der experimentellen Wurst wurden unsere Phantasien beflügelt: Eine Kebab-Wurst auf Lamm-/Rindbasis, eine mediterrane mit getrockneten Tomaten, Pinienkernen und Oliven, eine Salcicca mit Fenchel, eine…. und noch zig andere…

Wir nehmen uns bald mal wieder einen Tag Zeit und probieren rum. Spaß war auf jeden Fall dabei und es war ein erhebendes Gefühl die erste selbst produzierte Bratwurst auf den Grill zu legen und zu essen.

Dank an Michael fürs Mitwursten, war ein toller Tag.

Beim Auftauen bedenken

Die alte Auftauregel, entweder unter 10°C oder über 65°C. Optimal ist also, die Würste am Vortag aus dem Tiefkühler zu nehmen und auf einem Teller im Kühlschrank über Nacht aufzutauen. Braucht zwar seine Zeit, lässt den Bakterien aber kaum eine Chance.

Print Friendly, PDF & Email

Schmeckt's ?

Berichtet doch mal, wenn Ihr ein Rezept oder gar ein ganzes Menü gekocht habt. Auch konstruktive Kritik ist willkommen. Nutzt einfach die Kommentarfunktion unter den Rezepten…

Beste Grüße Jörg

Meine Favoriten

1 Kommentar

Trackbacks/Pingbacks

  1. Bratwurst selbst gewurstet – Salsiccia, Merguez, Rheinische Bratwurst - Cooking-Fun - […] wissen. Um nicht alles doppelt zu schreiben, empfehle ich die Lektüre vom ersten Wurstexperiment (https://www.cooking-fun.de/bratwurst-selbstgemacht/) mit drei Rezepturen: Thüringer…
  2. Selbstgemachte Bratwurst für die Grillsaison 2015 - Cooking-Fun - […] 2013, der erste Versuch: Thüringer Bratwurst, Rheinische Bratwurst, ein weiteres Experiment (Hier gibt es zudem Infos über Naturdärme und…

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert